Roger Waters - This Is Not A Drill 2023 - Zwischen Genie und Wahnsinn in Berlin
Eins der am meisten diskutierten und medial beachtesten Konzerte fand gestern in der Mercedes-Benz Arena in Berlin statt. Pink Floyd Mitbegründer Roger Waters spielte auf seiner „This Is Not A Drill“-Tour das erste von zwei Konzerte in der Hauptstadt. Für Wirbel sorgte nicht das Konzert selbst, sondern die Aussagen von Waters in den letzten Wochen/Monaten. Wir waren dennoch dabei, der Musik wegen.
Vom: 18. Mai 2023 | Autor: Dennis Hahn
Roger Waters - This Is Not A Drill 2023 - Zwischen Genie und Wahnsinn in Berlin (C)Foto: Kate Izor
Also das Roger Waters eine Rock’n’Roll-Legende ist, dass kann man ihm nicht absprechen. 1965 gründete er zusammen mit seinen Studentenfreunden Richard Wright und Nick Mason die Band „Sigma 6“, aus der dann, nach dem Eintritt von Syd Barrett als Gitarrist und Sänger, Pink Floyd wurde. Alles andere ist Geschichte und zwar Musik-Geschichte. Ab 1968 wurde Waters zum lyrischen, dann zum musikalischen Kopf der Gruppe und er prägte mit seiner musikalischen Handschrift die Alben Animals, The Wall und The Final Cut. Aber schon im Jahre 1985 war dann Schluss, als nach Differenzen in der Band, Roger Waters Pink Floyd verließ und von dort an Solo auf Tour ging.
Eines seiner größten Projekte setzte er 1990 in Berlin um. Am Potsdamer Platz präsentierte er anlässlich des Mauerfalls eine spektakuläre Inszenierung von The Wall. Mit dabei Van Morrison, Bryan Adams, Joni Mitchell, Sinéad O’Connor, Cyndi Lauper, die Scorpions und Tim Curry und 250.000 Zuschauer, die live dabei waren und Millionen an den TV-Geräten.
Nun haben wir 2023 und der 79jährige steht nach wie vor auf den großen Bühnen dieser Welt. Was Roger Waters auch schon seit Jahren „anhängt“, sind diverse Kontroversen, klare Meinungen und Haltungen, die nicht immer auf positive Resonanz treffen. Zentrales Thema dabei immer wieder Israel. Auch thematisiert er immer wieder Kriege, Gier, Korruption und den Kapitalismus. Auch lehnt er sich generell gegen Dogmen großer Religionen auf. Ich will an dieser Stelle nun gar nicht so ausführlich drauf eingehen, denn das wurde in den vergangenen Wochen und Monaten schon ausgiebig gemacht, bis hin zu „Verbots-Versuchen“ seiner Konzerte und auf dieser Seite geht es um Musik und Unterhaltung.
Man muss auch hier klar zwischen dem künstlerischen Werk von Roger Waters und der Privatperson Roger Waters unterscheiden. Auch wenn für viele natürlich hier keine klare Trennung möglich ist, ist und bleibt das musikalische Werk von Roger Waters und Pink Floyd genial.
Nun aber zum Konzert an diesem Abend in Berlin. Die „This Is Not a Drill“- Tour hat er selbst als seine „erste“ Abschiedstour betitelt. Wie von vorherigen Tourneen bekannt, wird was die Bühne und Ausstattung angeht, geklotzt und nicht gekleckert. Über der mittigen Bühne thronte eine riesigen kreuzförmigen Videoleinwand. Diese Videowall war auch zentrales Elemente zur Übermittlung von Botschaften in Schriftform und von beeindruckenden Bildern, die schon immer ein wichtiges Element bei seinen Show darstellten.
Los ging es an diesem Abend mit dem Song „Comfortably Numb“, ein absoluter Kracher aus dem Pink Floyd Songkatalog. Die Klangqualität an diesem Abend und für die größer der Arena, einfach fantastisch, im unteren Bereich perfekten Studioniveaus könnte man fast sagen, habe ich in dieser Arena noch nie so gehört. Die siebenköpfige Band und zwei Backgroundsänger trugen natürlich zu diesem Sound bei, aber standen ganz klar im Schatten dem 79jährigen Briten, der der zentrale Punkt des Abends war, natürlich neben der erstaunlich visuellen Showproduktion. Nur die beiden Gitarristen Jonathan Wilson und Dave Kilminster, sowie der Saxophonist Seamus Blake hatten einige Gelegenheiten, mit ihren beeindruckenden Soli zu glänzen. Die Backup-Sänger waren stimmlich auch auf einem tollen Niveau und verliehen den Songs so ein Volumen und unterstützten damit Waters.
Aufgeteilt war das Konzert in zwei einstündige Sets, beide mit Schwerpunkt auf Pink-Floyd-Klassiker, aber natürlich auch einiges aus Waters eigenem Songrepertoire. Nach dem Opener ging es nahtlos mit „The Happiest Days of Our Lives“, „Another Brick in the Wall, Part 2“ weiter und dann auch noch „Another Brick in the Wall, Teil 3“, fast alles in einem Übergang, als Einheit.
Auch „Wish You Were Here“ durfte natürlich nicht fehlen und wurde dem verstorbenen Syd Barrett, Mitbegründer von Pink Floyd, gewidmet. Der erste Teil endete mit dem Song „Sheep“ und passend einem überdimensionalen Schaaf, dass durch die Halle folg. Auch das „Schwein“ hatte im späteren Verlauf seinen Auftritt als Symbol für die „Schweine“ dieser Welt, in dem Fall standen Rüstungskonzerne auf dem Schwein und der Satz: Nimm den Armen, gib den Reichen.
Nach einer 20-minütigen Pause ging es dann weiter. „Déjà Vu“, „Money“ und „Brain Damage“ waren ebenso in der Setlist wie „Eclipse“ und "Us and Them" und ganz zum Schluss „Outside the Wall“. Der Applaus war riesig und es gab immer wieder stehende Ovationen. In erster Linie waren die Leute eben nicht gekommen, weil sie unbedingt alle Aussagen von Roger Waters befürworten oder vollends unterstützen, sondern sie sind gekommen, um eine Musik-Legende nochmals live zu erleben, um nochmals Pink Floyd Songs von einem der Gründungsmitglieder live zu hören, um sich Jahrzehnte zurückversetzen zu lassen und in Erinnerungen zu schwelgen, die sie mit den Songs und der Musik verbinden.
Roger Waters, musikalisch auf jeden Fall ein Genie. Bis heute zeigt er den Wahnsinn auf der Welt auf, prangert an und versprüht dabei auch selbst etwas Wahnsinn. Aber am Ende gehört eigentlich, wie bei allen großen Künstlern dieser Welt, der Wahnsinn auch zum Genie dazu.
Setlist
Set 1:
Comfortably Numb
The Happiest Days of Our Lives
Another Brick in the Wall, Part 2
Another Brick in the Wall, Part 3
The Powers That Be
The Bravery of Being Out of Range
The Bar
Have a Cigar
Wish You Were Here
Shine On You Crazy Diamond (Parts VI-VII, V)
Sheep
Set 2:
In the Flesh
Run Like Hell
Déjà Vu
Déjà Vu (Reprise)
Is This the Life We Really Want?
Us and Them
Any Colour You Like
Brain Damage
Eclipse
Two Suns in the Sunset
The Bar (Reprise)
Outside the Wall
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