Helge Schneider – Sommer, Sonne, Kaktus – Das „Sommer“-Interview
2013 ist das Jahr des Helge Schneider. Sein neuer Film kommt in den Kinos, sein neues Album auf den Markt, das gleich die Nr.1 der Charts erstürmte und quasi nebenbei war er auch noch auf Tour. Um zu erfahren, wie der vor kurzem 58 Jahre alt gewordene Musiker, Entertainer und Schauspieler das alles unter einen Hut bekommt, haben wir ihn in Berlin zum Interview getroffen.
Vom: 14. Oktober 2013 | Autor: Dennis Hahn
Helge Schneider – Sommer, Sonne, Kaktus – Das „Sommer“-Interview
BerlinMagazine: Helge, du bist vor nicht allzu langer Zeit ein Jahr älter geworden, aber du wirst immer aktiver. Mit „00 Schneider – Im Wendekreis der Eidechse“ ist dein neuster Film nun in den Kinos gestartet, zudem hast du mit „Sommer, Sonne, Kaktus“ einen Nr. 1 Hit gelandet und auf Tour bist du demnächst auch wieder. Wie machst du das? Ist dies die Gelassenheit des Alters?
Helge Schneider: Nein, ich wollte einfach mal wieder besonders kreativ sein und etwas „Hinlegen“, etwas Besonderes. Und das ist mir, wie ich finde, auch ganz gut gelungen. Als erstes habe ich den Film gemacht und dann kam mir auch noch die Idee, eine Schallplatte, also CD, aufzunehmen.
BerlinMagazine: Jetzt mussten deine Fans 20 Jahre lang auf die Fortsetzung der „00 Schneider-Reihe“, mit dem aktuellen Film „00 Schneider – Im Wendekreis der Eidechse“ , warten. Warum hat das so lange gedauert?
Helge Schneider: Aber das geht doch, die nächste Fortsetzung kommt in 30 Jahren!
BerlinMagazine: Wie sieht den eigentlich der Entwicklungsprozess eines „Helge-Films“ aus? Hattest du die Idee schon vor fünf Jahren und hast einfach nur mit der Umsetzung gewartet?
Helge Schneider: Ich habe die Idee vor 1,5 Jahren gehabt und direkt angefangen das Drehbuch zu schreiben. Eigentlich wollte ich keinen Film machen, weil es so wahnsinnig viel Arbeit ist. Aber es gab neue Vorzeichen und ich hatte ziemliche freie Bahn, dass fand ich gut und so ist jetzt der Film entstanden. Und meines Erachtens ist es ein Film, der in der heutigen Kinolandschaft ganz sehenswert ist.
BerlinMagazine: Was meinst du, was macht den Film nun aus? Kommissar 00 Schneider kehrt zurück und schreibt seine Memoiren...
Helge Schneider: Ja stimmt, eigentlich passiert nicht viel.
BerlinMagazine: Er jagt immer noch aktiv Verbrecher. Was würdest du sagen, steckt 100% Helge in dem Film, da du auch wieder das Drehbuch geschrieben, Regie geführt und auch mehrere Rollen übernommen hast.
Helge Schneider: Ja, auf jeden Fall. Helge zusammen mit Andrea, meiner Cutterin und Co-Autorin/Regisseurin. Eine gute Symbiose.
BerlinMagazine: Viele deiner Bandmitglieder haben auch im Film mitgespielt. Wollten die das oder mussten die das, weil du ihr Chef bist?
Helge Schneider: Nein, ich habe sie einfach gefragt und musst nicht lange betteln.
BerlinMagazine: Bist du jemand, der dann eher auch auf den 10 Take besteht, bis alles perfekt ist?
Helge Schneider: Ja, gibt es auch. Wir haben auch schon 30 Takes gemacht, dafür bei anderen Shots nur einen Take. Die Szenen mit mir sind meist nur einmal gedreht. Das ist einfach die Erfahrung vor der Kamera. Ansonsten ist das Arbeiten mit Laiendarstellern nicht ganz so einfach, da sie nicht wissen, wie sie sich bewegen müssen. Den besonderen Charme bekommt der Film dann, wenn einer genau in die Kamera schaut, dass lasse ich dann aber auch drin.
BerlinMagazine: Zum Film gibt es den Soundtrack „Sommer, Sonne, Kaktus“. Nach 6 Jahren eine neue CD von dir und gleich auf Nummer eins in den Charts eingestiegen. War dies eine komplette Überraschung für dich oder hattest du schon ein gutes Gefühl, als du den Titeltrack geschrieben hast?
Helge Schneider: Ich war nicht so überrascht, komischerweise. Vielleicht weil ich zu 100% hinter der CD gestanden habe. Was das jetzt bedeutet, Nr. 1 in den Charts zu sein, ist eine andere Frage. Aber mit solcher Musik, die keine Pop- oder Volksmusik ist, ist das schon selten. Udo (Lindenberg) hatte mit seiner letzten Scheibe auch zum ersten Mal die Spitze der Charts erreicht, 10 Jahre später als ich. Und auch andere, wie zum Beispiel Herbert Grönemeyer haben erst spät den ersten Platz gemacht.
BerlinMagazine: Du hast jetzt Künstler wie Lindenberg und Grönemeyer aufgezählt. Glaubst du, die deutschen Musiker und die deutsche Sprache haben gerade bei den Deutschen immer noch einen besonderen Stellenwert?
Helge Schneider: Die deutsche Sprache ist wichtig, damit man die Songs auch versteht. Mittlerweile verstehen zwar viele Englisch. Dennoch kann man schon einen Unterschied zwischen Rihanna und Udo Lindenberg hören. Udo Lindenberg erzählt mir eine Geschichte und Rihanna nicht.
BerlinMagazine: Du hast auf der CD alle Instrumente selbst eingespielt. Machst du das aus eigener Überzeugung, ganz nach dem Motto, wenn ich es mache, dann ist es perfekt?
Helge Schneider: Nein, das liegt nur daran, dass ich das Ganze in meinem kleinen Häuschen in Spanien aufgenommen habe und dort ist gar kein Platz für viele Leute. Außerdem wollte ich das auch alleine machen. Aber nicht, weil ich das besser mache, sondern weil ich das anders mache, wie eine Band. Und im Multi-Play-Verfahren kann man auch ganz anders arbeiten, das klingt alles viel persönlicher.
BerlinMagazine: Du sagtest, du hast in Spanien ein kleines Reihenhaus. Das hört sich nun sehr „deutsch“ an. Ist es für trotzdem Urlaub für dich, wenn du in Spanien bist? Oder ist es mehr ein Stück Deutschland in Spanien für dich?
Helge Schneider: Nein, es ist kein Reihenhaus, wie man es in Deutschland kennt. Das ist eigentlich eine Baracke. Dort wurden viele „Baracken“ nebeneinander gebaut, wie man es auch früher in der DDR gemacht hat, mit einem kleinen Gartengrundstück dahinter, 5 Meter breit und 100 Meter lang. So ungefähr kann man sich das vorstellen und ich bin dort gerne zum Ausspannen, bei 40 Grad.
BerlinMagazine: Die CD ist sehr von spanischen Klängen und Melodien inspiriert. Hörst du solche Musik auch gerne privat?
Helge Schneider: Ja, auf jeden Fall. Schöne, handgemachte Musik.
BerlinMagazine: Nun ist mit dem Song „Nachtigall, huh“ ja auch eine Parodie zum Welthit „Gangnam-Style“ auf der CD. Wie kam dir die Idee dazu? War es gewollt oder eher spontan?
Helge Schneider: Ich weiß es gar nicht mehr, einfach gesungen. Nicht kopiert.
BerlinMagazine: Nun warst du auch noch auf Tour und hattest ein Open Air im Berliner Sommergarten auf dem Messegelände gespielt. Kommst du gerne nach Berlin?
Helge Schneider: Für eine gewisse Zeit schon, dann muss ich aber wieder nach Hause oder woanders hin, auf Tournee. Ich bin ein Vagabund. Auf Dauer könnte ich in Berlin nicht leben, hier kann ich aufgrund der vielen Eindrücke nicht so kreativ sein. Ich brauche meinen Freiraum und mich lähmen die ganzen Geräusche hier.
BerlinMagazine: Das ist in Spanien, auf dem Lande, wahrscheinlich anders?
Helge Schneider: Da ist so still da, dass man denkt, man wäre tot.
BerlinMagazine: Du bist nun schon sehr oft in Berlin gewesen. Hast du einen Tipp für unsere Leser, was sie sich anschauen, ausprobieren oder entdecken sollten?
Helge Schneider: Das Umland ist eigentlich ganz schön. Spazierengehen im Wald oder so.
BerlinMagazine: Du arbeitest momentan an so vielen Projekten, du hast uns gerade verraten, dass es in 30 Jahren die nächste Fortsetzung von 00 Schneider geben wird. Was kommt nach dem Kinostart? Machst du dann Urlaub? Oder bist du ein „Arbeitstier“, das nicht still sitzen und sich nur schwer entspannen kann?
Helge Schneider: Nach dem Filmstart am 10. Oktober habe ich etwas Urlaub, weiß aber noch nicht, was ich machen werde. Und im Dezember geht es dann weiter auf Tour bis März und dann auch wieder im Sommer. Was danach ist, weiß ich noch nicht. Vielleicht mache ich wieder einen Film. Aber ich habe noch keine Planung und das ist auch gut so.
BerlinMagazine: Machst du lieber Filme oder stehst du lieber auf der Bühne?
Helge Schneider: Auf der Bühne ist 1 zu 1 umgesetzt, mit Publikum, das ist das Fairste. Aber auch die Produktion von Filmen macht mir Spaß, auch wenn es sehr viel Arbeit ist.
BerlinMagazine: Du bist viele Jahre auf der Bühne, hast Musik, Filme und vieles mehr gemacht. Wenn du jetzt zurückblickst, hast du alles richtig gemacht und immer gemacht, was du wolltest?
Helge Schneider: Ja, ich habe immer das gemacht, was ich wollte. Habe auch vieles abgelehnt. Ist nicht immer einfach, aber da darf man auch nicht so kleinlich sein.
BerlinMagazine: Wenn man jetzt auf Kollegen schaut, nehmen wir mal Heino, der jetzt etwas ganz anderes machst. Findest du, er ist sich damit nicht wirklich treu geblieben?
Helge Schneider: Ich weiß es nicht, habe ihn vor kurzem Mal im TV gesehen, er macht eigentlich immer noch das, was er schon immer gemacht hat, nur etwas anders instrumentiert. Es war mir ein bisschen zu flach, was ich da gesehen habe. Da haben seine alten Lieder mit Volksmusik-Charakter mehr Herz, wie „Karamba, Karacho, ein Whisky“. Da sind Geschichten. Ich finde so Coverversionen von Tim Bendzko nimmt man ihm einfach nicht so ab. Besser wäre es, wenn er neue Stücke selbst schreiben würde. Könnte er viel mehr verdienen, so ist er immer nur Interpret.
BerlinMagazine: Bei Heino hat sich auch der Lifestyle und die Mode jetzt etwas verändert. Du bist deinem Stil treu geblieben. Wo kaufst du die Sachen oder sind die seit 40 Jahren in deinem Kleiderschrank?
Helge Schneider: Teilweise ja, wie diese Hose. Die habe ich seit 15 Jahren und oft an. Die kratzt auch noch, das ist nämlich aus Rayon, nicht aus Wolle.
BerlinMagazine: Vielen Dank für das Interview.
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